Barrierefreies Webdesign ein zugängliches und nutzbares Internet gestalten

Harmonisierung von Webstandards zur digitalen Barrierefreiheit geschrieben von Jan Hellbusch (2011)

Einheitliche Standards für die Barrierefreiheit von Webseiten sind aus verschiedenen Gründen notwendig. Zum einen ist das Web ein globales Medium, das auf der gesamten Welt auf ähnliche Weise genutzt wird — auch von Menschen mit Behinderungen. Zum anderen benötigen diejenigen, die die Barrierefreiheit im Web umsetzen und sichern, eine verbindliche technische Grundlage, um die Konformität zu gewährleisten.

Barrierefreies Webdesign erfordert stets die Nutzersicht, auch wenn die Richtlinien für barrierefreie Webinhalte die Messlatte für seine Bewertung darstellen. Viele Barrieren entstehen dadurch, dass die technischen Hilfsmittel, die von Menschen mit Behinderungen im Web eingesetzt werden, keine vollständige Kompensation der Behinderung bieten können. Da es sich hier um einen kleinen Markt handelt, gibt es nur wenige Hilfsmittelhersteller, die diesen Markt weltweit bedienen. Die wenigen vorhandenen Hilfsmittel werden also weltweit genutzt und stellen überall auf der Welt die gleichen Anforderungen an die Informationstechnik. Und auch diejenigen Menschen mit Behinderungen, die nicht auf Hilfsmittel angewiesen sind, werden sich in ihrem Zugang zu Informationen nicht von Land zu Land großartig unterscheiden.

Webstandards zur Barrierefreiheit

Das World Wide Web Consortium (W3C) hat insgesamt drei Richtlinien veröffentlicht, die die Anforderungen der Barrierefreiheit beschreiben:

Extern, englischsprachig: Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.0
Anforderungen an die Inhalte einer Webseite.
Extern, englischsprachig: Authoring Tool Accessibility Guidelines (ATAG) 2.0
Anforderungen an diverse Autorenwerkzeuge; zum einen sollen die Werkzeuge selbst barrierefrei sein und zum anderen sollen Autoren alle Möglichkeiten haben, einen barrierefreien Output zu erzielen.
Extern, englischsprachig: User Agent Accessibility Guidelines (UAAG) 2.0
Anforderungen an Software wie Browser oder Multimedia-Player, damit sie barrierefrei bedient werden können und damit barrierefreie Webinhalte optimal ausgelesen werden können.

Die ATAG und die UAAG sind insbesondere an Software-Hersteller gerichtet. Gerade die ATAG sind aber auch im sozialen Web relevant, wenn z.B. Nutzern Möglichkeiten gegeben werden, um eigene Inhalte zu veröffentlichen.

Die Anforderungen an den Inhalt selbst werden aber in den WCAG 2.0 formuliert. Es sind auch die WCAG 2.0, die in viele Gesetze und Richtlinien weltweit "übernommen" werden. Genau genommen werden Regelwerke auf der Grundlage der WCAG 2.0 geschaffen, die in manchen Punkten von der WCAG 2.0 abweichen, d.h. es werden oft Kriterien hinzugefügt, weggelassen oder verändert.

Akzeptanz der WCAG 2.0

Die WCAG 2.0 sind ein Webstandard. Sie wurden außerdem 1:1 als ISO/IEC 40500 veröffentlicht. Warum kann dieser Standard nicht wie andere Webstandards in nationale oder andere Regelwerke übernommen werden? HTML oder XML, die genauso wie die WCAG 2.0 vom W3C stammen, werden als gegeben akzeptiert. Drei Gründe, warum nationale Regelwerke für barrierefreie Webinhalte in Anlehnung an die WCAG 2.0 neu formuliert werden anstatt die WCAG 2.0 zu übernehmen, sind:

Die Webstandards des W3C werden öffentlich entwickelt. Das Konsortium selbst besteht aus vielen Industrieunternehmen und anderen (Behinderten-)Organisationen, die u.a. Mitarbeiter für einzelne Arbeitsgruppen des W3C stellen. Weil die Webstandards öffentlich entwickelt werden, kann praktisch jeder mitwirken und die Entwicklung kommentieren.

Problematischer ist aber der Praxisbezug. Die WCAG 2.0 sind normativ und langfristig angelegt. Von der Norm wird auf unzählige weitere Dokumente verwiesen. Die zusätzlichen Dokumente dienen als Erläuterung oder zeigen auf, wie bestimmte Techniken barrierefrei anzuwenden sind. Diese Dokumente sind informativ und werden regelmäßig an aktuelle Anforderungen der Nutzer und Stand der Technik bei Hilfsmitteln angepasst. Die in Deutschland geltende BITV 2.0 verzichtet auf diese Verweise, wodurch das Verständniss und die Erfolgsaussichten sinken. Diese und andere Probleme der BITV 2.0 habe ich bei den Extern: Webkrauts zusammengefasst und Extern: in meinem Blog kommentiert.