Digitale Verwaltung in Deutschland
Vorgaben zur digitalen Barrierefreiheit gibt es in Deutschland seit 2002. Die Anforderungen sind primär an die öffentlichen Stellen gerichtet und wurden über die Jahre immer wieder angepasst. Für die öffentlichen Stellen des Bundes werden die Anforderungen vor allem in den folgenden beiden Vorschriften beschrieben:
- Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) vom Mai 2022
- Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung – BITV 2.0 vom Oktober 2023
Mit dem BGG und der BITV 2.0 sind öffentliche Stellen des Bundes zur digitalen Barrierefreiheit verpflichtet. Das BGG regelt insbesondere, welche öffentlichen Stellen welche digitalen Angebote barrierefrei gestalten müssen und darüber hinaus wie die Fortschritte überwacht werden sollen. Die BITV 2.0 legt insbesondere die anzuwendenden Standards fest.
Weitere Vorschriften
Die öffentlichen Stellen der Länder und Kommunen in Deutschland sind ebenfalls zur Barrierefreiheit in der digitalen Verwaltung verpflichtet. Jedes Bundesland hat ein eigenes Gleichstellungsgesetz und größtenteils auch eine korrespondierende IT-Verordnung. In den meisten Fällen verweisen die Landesvorschriften bei den anzuwendenden Standards auf die BITV 2.0 oder die Europäische Richtlinie 2016/2102.
Über die Gleichstellungsgesetze hinaus gibt es eine ganze Reihe weiterer Vorschriften, die eine digitale Barrierefreiheit für die Verwaltung normieren. Einige Beispiele sind:
- Nach dem Onlinezugangsgesetz (OZG) müssen die Verwaltungen von Bund, Ländern und Kommunen ihre Verwaltungsleistungen auch online anbieten. Nach § 3 Absatz 1 OZG muss der Portalverbund sicherstellen, dass Nutzer einen barrierefreien Zugang zu den elektronischen Verwaltungsleistungen erhalten. Die Barrierefreiheit wird auch in der Begründung zum OZG unmittelbar mit § 12a Behindertengleichstellungsgesetz und den Behindertengleichstellungsgesetzen der Länder verknüpft.
- Die Verpflichtung zur Barrierefreiheit im E-Government (Antragsstellung, Bearbeitung, Bescheid) ergibt sich für das Web bereits aus dem Behindertengleichstellungsgesetz. Es gibt jedoch andere Kommunikationsformen (zum Beispiel E-Mail), die in den Mindestanforderungen der Barrierefreiheit (DIN-EN 301549) zwar berücksichtigt, aber nicht explizit im Behindertengleichstellungsgesetz oder in der BITV 2.0 benannt werden. Die Formulierung zu den Barrierefreiheitsanforderungen in § 16 E-Government-Gesetz (EGovG) ist dürftig. Korrespondierende Landesgesetze stellen angemessenere Barrierefreiheitsanforderungen.
- Für die E-Signatur und die E-Identifikation werden Vertrauensdienste Dritter einbezogen. Neben barrierefreie Software müssen auch Hardware-Komponenten (zum Beispiel Kartenlesegeräte) barrierefrei bedient werden können. Nach § 7 Vertrauensdienstegesetz (VDG) soll mindestens ein barrierefreies Hardware-Produkt angeboten werden, und die Anbieter der Hardware sollen über diese Möglichkeiten informieren. Eine Authentifizierung muss beispielsweise beim elektronischen Personalausweis möglich sein (§ 18 Personalausweisgesetz - PAusw G).
Weitere Anwendungsbereiche sind auf Landesebene in unterschiedlichen Vorschriften geregelt. Während beispielsweise das Behindertengleichstellungsgesetz die gleichberechtigte berufliche Teilhabe durch die explizite Einbeziehung von elektronischen Akten und elektronischer Vorgangsbearbeitung in den Anwendungsbereich für barrierefreie Informationstechnik einbezieht, finden sich vergleichbare Regelungen auf Landesebene teilweise in den Landesgleichstellungsgesetzen (zum Beispiel Niedersachsen) und teilweise in den E-Government-Gesetzen (zum Beispiel Berlin).
Anforderungen im Überblick
Öffentliche Stellen des Bundes müssen nach BGG und BITV 2.0 folgende Vorgaben erfüllen:
- Webauftritte, mobile Anwendungen, elektronisch unterstützte Verwaltungsabläufe und grafische Programmoberflächen müssen Konformität zu der EN 301549 mindestens erreichen.
- Digitale Inhalte müssen nach dem Stand der Technik umgesetzt werden.
- Auf Startseiten von Webauftritten müssen Informationen in Deutscher Gebärdensprache und Informationen in Leichter Sprache bereitgestellt werden.
- Öffentliche Stellen müssen eine Erklärung zur Barrierefreiheit für ihre Websites und mobile Anwendungen veröffentlichen.
Die obersten Bundesbehörden und die Länder müssen regelmäßig die digitale Barrierefreiheit dokumentieren und der Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik übermitteln. Die Dokumentation wird der Europäischen Kommission maschinenlesbar übertragen.