Barrierefreies Webdesign ein zugängliches und nutzbares Internet gestalten

Gestaltung barrierefreier PDF veröffentlicht in 2005

Dieser Artikel wurde ursprünglich im September 2005 verfasst und ist erschienen im Extern: Sonderheft Barrierefreiheit im Internet der Zeitschrift "Information - Wissenschaft & Praxis", 56. Jahrgang, H. 8/2005, Wiesbaden: Dinges & Frick (ISSN 1434-4653).

Implikationen für den Arbeitsprozess

Diese Seite steht auch als Audio-Inhalt zur verfügung:

Die Frage nach der Akzeptanz barrierefreier PDF-Dokumente muss von den Internetverantwortlichen und von den Autoren beantwortet werden. Es geht um die Einsicht in die Vorteile barrierefreier PDF-Dokumente für alle Nutzer. Dieses schließt behinderte Nutzer ein.

Der Weg zu barrierefreien PDF-Dokumenten muss als Arbeitsprozess gesehen werden, der umso besser gelingt, je früher die Qualitätsverbesserungen in den Prozess integriert werden können. Im Sinne des Qualitätsmanagements kann die Thematik aus folgenden Blickwinkeln gesehen werden:

  1. Ausgangsqualität, (z.B. Qualität der Vorlagen und Qualifikation der Mitarbeiter),
  2. Prozessfähigkeit, (z.B. Leistungsfähigkeit der eingesetzten Software) und
  3. Nutzerzufriedenheit

Im Folgenden werden die ersten beiden Aspekte etwas genauer betrachtet.

Sinnvoller Einsatz von PDF

Welche Art von Dokument tatsächlich als PDF angeboten werden soll, hängt von seinem Inhalt ab. Ich gebe im Folgenden Beispiele, bei denen PDF sinnvoller ist als (X)HTML: (vgl. auch [3]):

Die meisten PDF-Dokumente im Web sind einfache Textdokumente, die auch in (X)HTML bereitgestellt werden könnten. Auch wenn die Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit hat, so lautet die Grundaussage, was in (X)HTML umgesetzt werden kann, sollte auch in (X)HTML umgesetzt werden. Dokumente, die nicht in (X)HTML umgesetzt werden sollen, sollten mit "tagged PDF" aufgebaut werden, um Barrieren zu vermeiden.

Liegt die Entscheidung vor, Inhalte als PDF aufzubereiten, ohne eine gleichwertige (X)HTML-Version anzubieten, so ist "tagged PDF" unverzichtbar. Erst mit "tagged PDF" wird das Dokument "formatierbar" und besser zugänglich. Die Verwendung von Lesezeichen fördert darüber hinaus die Navigation mit der Tastatur.

Bestehende PDF-Archive

Sollte sich die Frage nach der Barrierefreiheit auf die Umstellung eines bereits bestehenden Archivs beziehen, so muss die eben getroffene Aussage relativiert werden. Auch wenn bestehende (nicht "getaggte") PDF-Dokumente zugänglicher gemacht werden können, so zeigt sich diese Vorgehensweise als aufwendig (vgl. [4]).

Das Problem ist, dass die Dokumente von Grund auf neu bearbeitet werden müssen. Die Strukturen im Dokument (Überschriften, Absätze ...) müssen neu zugewiesen werden. Und wenn es sich bei den Dokumenten um eingescannte Papiervorlagen handelt, dann ist zusätzlich noch eine Zeichenerkennung durch eine OCR-Software erforderlich. Hierfür gibt es auf dem Markt (z.B. von Adobe Systems oder ABBYY Software House) entsprechende Werkzeuge, aber eine Kontrolle mit Nachbearbeitung ist zu empfehlen.

Erforderliche Software

Für textbasierte Dokumente liefert Microsoft Word 2000 im Zusammenspiel mit Adobe-Produkten akzeptable Ergebnisse. Auch bietet OpenOffice.org gute Möglichkeiten zur Gestaltung barrierefreier PDF-Dokumente. Gestaltete Dokumente erfordern den Einsatz z.B. von Adobe Indesign, und Formulare den Einsatz von Adobe Live Cycle Designer. Adobe-Anwendungen bieten dabei verschiedene Methoden, PDF-Dokumente zu erstellen, aber nur bestimmte Methoden genügen den Anforderungen der Barrierefreiheit.

Dokumente können in Microsoft Word über Formatvorlagen mit Strukturinformationen versehen werden. Das Adobe-Makro "PDFMaker" ermöglicht bei der Konvertierung "Tags " und Lesezeichen mit in das PDF hineinzulegen. Selbstverständlich ist das "Taggen " auch in Layout-Programmen von Adobe möglich. Es zeigt sich seit der Version 2 von OpenOffice.org, dass diese Software wesentlich leistungsfähiger ist als "PDFMaker".

In fast allen anderen Anwendungen, die PDF-Dokumente erzeugen, ist eine Strukturierung nicht möglich. Hierzu zählt auch der viel genutzte Weg über das Druckmenü in beliebigen Anwendungen: PDFWriter, Acrobat Distiller oder andere Druckertreiber und PostScript-Konverter eignen sich nicht, um Strukturinformationen in PDF zu übertragen.

Barrierefreiheit in Vorlagen berücksichtigen

Im Folgenden wird von der Bearbeitung von Inhalten in Microsoft Word ausgegangen. Die Konvertierung in "tagged PDF" erfolgt dabei entsprechend mit dem Adobe-Makro "PDFMaker ".

Es müssen für alle Dokumenttypen geeignete Vorlagen bereitgestellt werden, welche nicht nur die Strukturierungsmöglichkeiten von "tagged PDF" berücksichtigen, sondern auch von den Autoren effektiv genutzt werden können. Möglicherweise sind hier Schulungen hinsichtlich der Nutzung von Dokumentvorlagen erforderlich. Die konsequente Anwendung der Formatvorlagen ermöglicht dem "PDFMaker" die Umwandlung in "tagged PDF. Dabei müssen u.a. auch

Auch bei der Gestaltung von Vorlagen müssen Folgen für die Zugänglichkeit bedacht werden. Hier geht es z.B. um einen Dokumentaufbau durch inhaltsbezogene Strukturierung. Im Prinzip müssen die vielfältigen potenziellen Barrieren, die sich aus der BITV ableiten lassen, eben auch auf die Vorlage angewandt werden (vgl. [5]). Beispiele sind:

Auch die Zugänglichkeitsfunktionen des Adobe Reader müssen geprüft werden. Es ist bei der Gestaltung eines Layouts die Nutzung der "Umfließen"-Funktion im Adobe Reader stets zu prüfen. Gleiches gilt für etwaige Kontrasteinstellungen, die ein Nutzer im Adobe Reader vornimmt (vgl. [1] und [4]).

Grenzen und Alternativen

Bei der Nutzung von Microsoft Word gibt es zahlreiche Grenzen. Bisherige Probleme wie die Nicht-Erfassung von Fußnoten oder die falsche Umsetzung von umfangreichen Tabellen werden z.B. in OpenOffice.org 3 gut nutzbar umgewandelt. Alternativ ist der Einsatz der Adobe-Software ebenso zielführend.

Die Überprüfung der Barrierefreiheit stellt ein weiteres Problem dar: PDF kann nicht nach öffentlichen Standards validiert werden. Vielmehr ist das Verständnis der Problematik durch die Autoren beim Testen mit den integrierten Werkzeugen der Adobe-Software erforderlich. Auch bei größter Sorgfalt ist die Kompatibilität eines "getaggten" PDF-Dokuments mit allen Screenreadern nicht gewährleistet.