Kontextänderungen und die Tastaturbedienung veröffentlicht in 2013
Änderungen des Kontextes
Es gibt viele Aspekte der Tastaturbedienung, etwa die vollständige Funktionalität bei Links, Formularen und Widgets, die Fokus-Reihenfolge oder die Sichtbarkeit des Fokus. Natürlich geht es zum einen darum, dass jede Funktion mit der Tastatur aktiviert bzw. ausgewählt werden kann, aber es geht zum anderen auch darum, dass bei der Bedienung einer Webseite mit der Tastatur keine unvorhersehbaren Aktionen ausgelöst werden. Diese führen zu Veränderungen des Fokus bzw. Änderung des Kontextes. Diejenigen Nutzer, die primär oder ausschließlich mit der Tastatur arbeiten, müssen dann den Fokus umständlich wieder zu der Stelle bringen, wo er vorher war — wenn das überhaupt möglich ist.
Änderungen des Kontextes sind für Tastaturnutzer oft nicht zu bewältigen oder nicht leicht zu erfassen, vor allem wenn sie den Bildschirm aufgrund von Blindheit oder einer Sehbehinderung nicht vollständig wahrnehmen können. Deshalb hat die Thematik auch Eingang in die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.0 gefunden, wo mehrere Anforderungen zur Vorhersehbarkeit formuliert sind.
Der zentrale Aspekt bei der Bedienung des Computers mit der Tastatur ist der Systemfokus. Die Herrschaft über den Fokus sollte stets dem Nutzer überlassen werden. Mit anderen Worten: Wenn der Nutzer mit der Tab-Taste über eine Webseite navigiert, können Webentwickler nicht wissen, was der Nutzer als nächstes tun möchte: einen Link aufrufen oder vorbei navigieren, ein Steuerelement bedienen oder eine Auswahl treffen. Umso wichtiger ist es, dass der Nutzer immer die Kontrolle über den Fokus hat.
Es geht um zwei verschiedene Situationen:
- Wenn Elemente einer Webseite mit der Tab-Taste fokussiert werden, darf es nicht zu signifikanten Änderungen kommen. Weil die Navigation mit der Tabulatortaste linear ist, muss der Nutzer womöglich an das fokussierte Element vorbeitabben. Wenn das nicht möglich ist, steht es um die Barrierefreiheit nicht besonders gut. Typische Probleme dieser Art werden im Beitrag Fokus und Kontextänderung vorgestellt.
- Einige Steuerelemente (Formulare oder Widgets) werden aus Gründen der Usability oft so gestaltet, dass bereits bei deren Bedienung Seiteninhalte ausgetauscht, neue Seiten geladen oder sonstige signifikante Änderungen stattfinden. Diese Verhaltensweise kann, muss aber nicht für Tastaturnutzer fatal sein, wenn die funktionsauslösenden Events nicht durch die Eingabe- bzw. Leertaste ausgelöst werden, sondern durch die Bedienung des Steuerelements an sich (z.B. mit Pfeiltasten). Dieses Thema wird im Beitrag Tastatureingabe und Kontextänderung ausführlicher behandelt.
Während das Drücken der Eingabe- oder Leertaste impliziert, dass wie bei einem Mausklick der Nutzer eine Änderung der Seiteninhalte, des Fensters oder der Anwendung erwarten kann, wird beim bloßen Fokussieren eines Elements eine solche signifikante und nicht steuerbaren Änderung u.U. zu einer nicht bedienbaren Webseite führen. Gleiches gilt bei der Auswahl in Formularen und Widgets, die vornehmlich durch Pfeiltasten vorgenommen wird, oder bei der Eingabe, etwa wenn eine Postleitzahl eingegeben wird, und nach Erscheinen der fünften Zahl der Fokus automatisch in das Feld "Ort" gesetzt wird. Weil der Fokus essentiell für die Tastaturbedienung ist, sollte er in der Webentwicklung besonders konzipiert und insbesondere ausführlich geprüft werden.
Unvorhersehbare Änderungen des Kontextes sind im barrierefreien Webdesign zu vermeiden. Im Einzelnen geht es darum, dass eine Webseite ausschließlich mit der Tastatur bedient werden kann, ohne dass dabei
- Ungewollt eine neue Seite oder ein neues Browserfenster aufgerufen wird,
- Ungewollt neue Anwendungen gestartet werden,
- unerwartet der Fokus vom aktuellen Element entfernt wird oder
- unerwartet die Bedeutung der Seiteninhalte geändert wird.
Entscheidend ist, dass der Tastaturfokus dort ist, wo der Nutzer ihn erwartet. Wenn Tastaturnutzer die Eingabe- oder Leertaste drücken, um eine Eingabe oder eine Auswahl zu bestätigen, dann ist eine Änderung des Kontextes unproblematisch. Die Bedienung der Tabulatortaste oder beispielsweise Pfeiltasten bei der Auswahl in einem Steuerelement dürfen hingegen keine Kontextänderungen auslösen.
Der folgende Begriff auf dieser Seite wird im Glossar definiert:Änderungen des Kontextes